• philpo@feddit.org
    link
    fedilink
    Deutsch
    arrow-up
    22
    ·
    3 days ago

    Ist leider eines meiner beruflichen Themen und ich muss ganz klar sagen:

    Nein! Wir stehen schlechter dar als vor der Pandemie.

    Warum?

    • wir haben gesetzlich einen deutlich weniger klaren Rahmen als noch vor COVID der viel mehr langsame politische Einflussnahme erlaubt und gleichzeitig haben wir politische Entscheider die mit 100%iger Sicherheit nicht noch einmal pro resolute Maßnahmen entscheiden werden. Das wiederrum sorgt auf den Führungsebenen der Exekutive,vor allem auch lokal/regional, dafür,dass kaum jemand selbstständig entscheiden möchte, weil im Zweifelsfall eben keine Rückendeckung durch den Bürgermeister, Landrat, Minister,etc. zu erwarten ist.

    • wir haben eine Bevölkerung die gelernt hat,dass es vollkommen okay ist Maßnahmen zu umgehen weil sie nachher eh niemand durchsetzen will, die Entscheider selber nicht hinter ihnen stehen und im Zweifelsfall mit genug laut schreien jeder kriegt was er will.

    • wir haben ein Gesundheitssystem, dass massivste an Substanz abgebaut hat. Sowohl personell, qualitativ als auch finanziell. Selbst wenn wir “nur” COVID nochmal richtig aufflammen sehen, sind wir fett am Arsch. Auch haben wir jede Menge Altmaterial verbraucht und nicht wieder aufgefüllt. Auch haben viele Forscher und Fachleute gelernt,dass es eigentlich ist was man kann solange man das richtige Parteibuch hat - ein vollkommenen Bullshit verbreitender Schwurbel Forscher der keinerlei Ahnung von den Gebiet hat wird im Zweifelsfall der weltweiten Koryphäe vorgezogen. Und kriegt dafür noch das Bundesverdienstkreuz.

    • wir haben Medien die es aus Faulheit (den erstbesten “Experten” einladen ohne vorher die Eignung prüfen) und false Balance aber auch Quotengeilheit gewohnt sind,dass sie Falschinformationen verbreiten können ohne das es jemanden interessiert. Pandemie sind aber eben kein politischer Diskurs sondern eine massive Exekutivlage die ein weitgehendes “So ist es” erfordern.

    Real haben wir mit Covid-19 (SARS-CoV2) wahnsinnig viel Glück gehabt. Hätte sich Covid-19, wie initial von Fachleuten befürchtet, eher wie seine Vorläufer SARS und MERS verhalten, hätten wir exorbitant höhere Todeszahlen gehabt, v.a auch bei jüngeren Patienten. Oder um es mal andersherum auszudrucken: Es erscheint demnächst eine Simulationsstudie dazu,deren Ergebnis im wesentlichen war,dass Deutschland in diesem Fall 20% seiner Wirtschaftsleistung dauerhaft verloren hätte.

    Mein Job ist es auf verschiedenen Ebenen Gesundheits-Katastrophenpläne zu entwickeln. Das beginnt beim Terroranschlag und geht eben bis zu Pandemielagen. Beide haben eines gemeinsam - wenn mein Team und ich das ganze ansprechen wird von politischer Seite abgewiegelt - quasi “weil wir gerade Pandemie hatten ist jetzt erstmal XY dran”. Läuft halt real so nicht.

    Wenn es uns mal mit etwas wirklich fiesem erwischt dann Gnade uns wirklich Gott,das Spaghetti Monster und Chuck Norris. Denn dann sind wir wirklich geliefert.

    Und Kandidaten gibt es viele:

    • Alles aus dem Bereich hämorrhagische Fieber, also Ebola, Marburg, aber auch Junin sind natürlich bekannte Kandidaten mit riesigen Todesraten - aber hier haben wir zu mindestens ein wenig Impfstoffe in Aussicht Machen mir daher weniger Angst, auch weil sie schnell genug töten um selbstlimitierend zu sein.

    • Richtig Besorgnis-erregend ist auch die aktuelle Variante der Vogelgrippe - da findet in DE z.B. viel zu wenig Monitoring statt,zum Teil Ärger unsere Nachbarländer. Grippe klingt nicht schlimm? Naja, die spanische Grippe hat schon das Gegenteil bewiesen, die aktuelle Variante hat einer Meta Studie zur Folge eine Lethalitätsrate von über 80% bei Schwangeren - trotz Intensivtherapie.

    • Auch das Thema SARS-CoV ist nicht vom Tisch. Nur weil wir Variante 2 überstanden haben, heißt es nicht,dass wir mit Nr. 3 wieder Glück haben. SARS original und MERS - beide sehr tödlich und infektiös. (Fragt Drosten,dessen Mitstreiter bei SARS starb daran)

    • Viel viel viel mehr Angst haben viele Fachleute aber vor dem “gewöhnlichen Kram”. Es gibt eine Menge gute Modelle die Vorhersagen,dass die nächste “Environmental changing infection”(sprich eine Infektion die so durch die Menschheit fegt,dass sie die Umwelt auf Jahrzehnte verändert, wir früher die Pest), eher ein ganz “normaler” Staphylococcus aureus oder vergleichbares ist. Der halt dummerweise ein kleines bisschen ansteckender als sonst ist und noch dümmer durch jahrelangen Kontakt mit allem was das Antibiotika-Regal so bergab nun resistent gegen alles ist. Es gibt wohlgemerkt solche Stämme schon lange, nur sind sie bis jetzt immer sehr gut handlebar gewesen. Aber mit dem zunehmenden Verlust an wirksamen Antibiotika wird es schwerer und schwerer. Ein einzelner Mutationssprung reicht. (Besonderer Dank an dieser Stelle an die industrielle Landwirtschaft, insbesondere in China und den USA)

    • Schlussendlich gibt es auch ne Menge was die Giftschränke der verschiedenen Mächte hergeben. Sowohl die USA als auch insb. Russland haben einiges in ihren B-Waffen Schränken das quasi unstoppable ist. Und Unfälle passieren und in beiden Hauptländern sind ja mittlerweile ähnlich rationale Menschen am Steuer.

    Kurzum: We are fucked.

  • Aniki@feddit.org
    link
    fedilink
    arrow-up
    4
    ·
    2 days ago

    Ich denke mal eher wie bei einem großen Vulkanausbruch oder Meteoriteneinschlag hoffen wir derzeit einfach, dass es nicht passiert. Wenn es passiert, können wir es eh nicht aufhalten, und dann sind wir richtig am Arsch.

  • copacetic@discuss.tchncs.de
    link
    fedilink
    Deutsch
    arrow-up
    11
    arrow-down
    1
    ·
    3 days ago

    Auf technischer und institutioneller Ebene glaube ich schon besser. Zumindest für die nächsten fünf Jahre ist die Corona-Erfahrung noch präsent.

    Als Gesellschaft aber schlechter. Schwurbelei und Faktenverleugnung dürfte schlimmer sein als beim letzten Mal.

    • CosmoNova@lemmy.world
      link
      fedilink
      arrow-up
      2
      ·
      2 days ago

      Zumal junge erwachsene und Jugendliche sich komplett verarscht vorkommen, weil sie die besten Jahre ihres Lebens aufgegeben haben, damit die ältere Generation wieder CDU wählt und weiter das Land kaputt spart. Für viele ist der Gesellschaftsvertrag in dieser Hinsicht geplatzt und Zivilcourage was für dumme. Da werden sehr viele nicht mehr mitmachen und ich kann es in Teilen leider nur zu gut verstehen, auch wenn sie sich selbst damit schaden.

  • rumschlumpel@feddit.org
    link
    fedilink
    arrow-up
    10
    ·
    edit-2
    3 days ago

    Von behördlichen Maßnahmen ganz abgesehen fürchte ich, dass wir soziale Rückschritte gemacht haben - rechte Propaganda steht der Befolgung von sinnvollen Pandemiemaßnahmen ja deutlich entgegen. Wobei ich einer schwarzblauen Regierung auch kein sinnvolles Handeln im Pandemiefall zutraue, da wird lieber geschwurbelt - da erwarte ich eher einen Schub an Polizeigewalt als erfolgreiche Impfkampagnen und flächendeckendes Maskentragen.

    • Obelix@feddit.org
      link
      fedilink
      Deutsch
      arrow-up
      7
      ·
      3 days ago

      Genau das fürchte ich auch - bei einer neuen Pandemie würde diese riesige Welle des gesellschaftlichen Zusammenhalts mittlerweile fehlen. Dann hättest du ab Tag 1 Anti-Demos, Verweigerer und all den Mist.